SG H2Ku Herrenberg verzichtet auf möglichen Erstliga-Aufstieg
Vor dem Heimspiel bei der SG 09 Kirchhof am Samstagabend haben die Verantwortlichen des Frauenteams der SG H2Ku Herrenberg eine wichtige Entscheidung gefällt. Sollte es für den aktuellen Tabellendritten sportlich mit dem Aufstieg klappen, wollen die Kuties diesen nicht wahrnehmen.

06. März 2021, Kreiszeitung Böblinger Bote
Von Vanessa Frey
Herrenberg – Bislang spielen die Zweitliga-Handballerinnen der SG H2Ku Herrenberg eine der erfolgreichsten Spielzeiten ihrer Vereinsgeschichte. Seit dem neunten Spieltag steht die Mannschaft von Trainer Mike Leibssle durchgängig auf Tabellenplatz drei und ist der hartnäckigste Verfolger des Spitzenduos Berlin und Zwickau. Ein möglicher Aufstieg ist dennoch kein Thema im Gäu. Unter der Woche wurde bekannt, dass die SG H2Ku Herrenberg Handball GmbH keinen Lizenzantrag bei der Handball-Bundesliga Frauen (HBF) für die höchste deutsche Spielklasse eingereicht hat. „Diese Entscheidung haben wir unter allen vernünftigen Gesichtspunkten getroffen“, erklärt Trainer Mike Leibssle den Verzicht, „sowohl wirtschaftlich als auch sportlich würde ein Aufstieg für uns keinen Sinn machen.“
Denn die Verantwortlichen im Gäu bleiben bei allen sportlichen Höhenflügen finanziell weiterhin am Boden der Tatsachen. „Niemand kann aufgrund der Pandemie sagen, wohin die Reise auch bei unseren Sponsoren und unseren Zuschauereinnahmen geht“, so Leibssle weiter, „das ist keine Entscheidung, die man aus einem Augenblick heraus treffen kann, es müssen alle Rahmenstrukturen passen und soweit sind wir schlichtweg noch nicht.“ Bereits mehrmals haben Spielerinnen in den vergangenen Monaten auf Teile ihres Gehalts verzichtet, um den Verein in diesen unsicheren Zeiten zu unterstützen. Hätte die SG H2Ku eine Lizenz für die 1. Liga eingereicht und diesen zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurückziehen müssen, hätte gar eine Strafe von rund 6000 Euro gedroht. „Wir müssen da einfach realistisch bleiben und die Strukturen sind noch nicht gegeben“, schließt Leibssle einen zukünftigen Aufstieg dennoch nicht aus, „alle Beteiligten waren stets in einem engen Austausch und der gleichen Meinung, dass wir momentan nicht bereit dazu sind.“
Mit Berlin, Zwickau, Lintfort, Solingen-Gräfrath und Waiblingen haben gleich fünf direkte Konkurrenten der Kuties einen Lizenzantrag für den Spielbetrieb in der 1. Liga vorgelegt. Dies stellt Herrenberginnen sportlich vor eine schwierige Situation, denn gegen vier dieser fünf Mannschaften stehen noch direkte Duelle aus. Sollte die Gäu-Sieben zum Abschluss der Saison auf einem der beiden ersten Plätze stehen auf und dann auf den zwangsläufigen Aufstieg oder die Relegationsspiele verzichten, bestraft die HBF dies beim Start in die neue Runde mit einem Abzug von acht Punkten. Alle vermeintlichen Vorwürfe von Wettbewerbsverzerrung weist Mike Leibssle dennoch kategorisch zurück: „Das kommt überhaupt nicht in Frage, wir werden weiterhin alles geben. Wir wollen unsere Spielerinnen auch perspektivisch weiterentwickeln.“
Gleich beim wichtigen Auswärtsspiel bei der SG 09 Kirchhof an diesem Samstag (18.00 Uhr, Stadtsporthalle Melsungen) muss der Coach erneut personell rotieren. Marie-Christin Beddies ist nach Folgen einer Gehirnerschütterung weiterhin nicht dabei, zudem muss Linksaußen Anika Bissel in den nächsten Wochen pausieren. „Sie steht kurz vor einem Ermüdungsbruch am unteren Ansatz ihres linken Schienbeins“, erklärt Leibssle, „wir werden kein Risiko eingehen und sie definitiv schonen.“ Dadurch wird Youngster Ronja Bühler auf der Außenbahn mehr Spielzeit bekommen, gleichzeitig rückt Michelle Wunschik aus der zweiten Mannschaft wieder in die Kader. „Wir werden in Kirchhoff trotz der Ausfälle hochmotiviert auftreten“, ist sich Leibssle sicher, „das wird auch notwendig, denn dort war es schon immer schwer zu bestehen.“ Das Team von Trainer Martin Denk steht aktuell nur auf Rang elf und muss sich ebenfalls mit Verletzungspech herumschlagen. Mit Nela Zuzic, Katharina Hufschmidt und Klara Schlegel fallen gleich drei wichtige Spielerinnen aus. „Sie haben gegen uns nichts zu verlieren, darin lieg die Gefahr“, warnt Mike Leibssle. Das Hinspiel im Oktober hatten die Kuties deutlich mit 25:19 gewonnen.
