Kuties setzen nächstes Ausrufezeichen

Svenja Graebling fand immer wieder eine Lücke

SG H2Ku erkämpft sich mit fulminanter Schlussphase einen Zähler

Erneut haben die Zweitligafrauen der SG H2Ku Herrenberg ein deutliches Lebenszeichen gesendet. Das 28:28 (14:15) gegen den SV Werder Bremen ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil die Gastgeberinnen kurz vor dem Ende noch mit vier Treffern hinten lagen.

Am Ende des Spiels waren beide Trainer nicht unbedingt mit dem Ergebnis zufrieden. Gästecoach Robert Nijdam sah sich zunächst einmal grundsätzlich bestätigt, dass „in dieser Liga jeder jeden schlagen kann“. Speziell für die Partie in der Markweghalle monierte er bei seinem Team zu viele vergebene Chancen im Angriff. Schwerer wog aber für Nijdam etwas anderes: „Wir haben den Gegner im 1 gegen 1 viel zu oft einfach laufen lassen“. Gemeint haben dürfte er damit vor allem Marie Beddies und Svenja Graebling, die vornehmlich in der zweiten Hälfte kaum zu stellen waren. Sein Gegenüber Hans Christensen sah das Remis hingegen gewohnt nordisch trocken: „Ich ärgere mich über das Unentschieden, weil ich jedes Spiel gewinnen will“. Angesichts der über zwei Dutzend vergebenen Möglichkeiten über die gesamten sechzig Minuten dürfte Christensens Aussage aber kaum einer Überprüfung standhalten.

Zu Beginn der Partie sah es in Sachen Tempo und Spielwitz noch etwas anders aus. Beide Teams brauchten insgesamt zunächst fünf Versuche für den ersten Treffer. Dass dieser von Bremens Anna Lena Bergmann erzielt wurde, war dabei sicher kein Zufall. Die Halbrechte war mit ihren acht Treffern im Prinzip die Einzige, die von der H2Ku-Abwehr vor allem durch ihre Körperlichkeit nicht in den Griff zu bekommen war. Auf der Gastgeberseite fehlte es in der Anfangsphase gerade an dieser von Bremen zelebrierten Wucht in den Würfen, um entscheidende Akzente zu setzen. Die Kuties setzten eher auf schnelle Beine in der Abwehr mit den dazugehörigen Kontern. Zwei Gegenstöße innerhalb von dreißig Sekunden von Marie Beddies und Ronja Bühler brachten nach einer knappen Viertelstunde dann auch die erste Führung zum 7:6. Die Bremer Auszeit beendete den Herrenberger Lauf aber erst einmal nicht. Erst nach dem 10:8 durch Kreisläuferin Lea Griesser, die erneut von der Rechtsaußenposition agierte, knirschte es in den letzten zehn Minuten vor dem Halbzeitpfiff im H2Ku-Getriebe gewaltig. Bremen nutzte dies, angetrieben von einer umsichtigen Denise Engelke, zum eigenen 15:12. Ein Doppelschlag der Kuties in den letzten Sekunden vor dem Seitenwechsel sorgte dann zumindest für ein eher schmeichelhaftes 14:15 aus Sicht der SG H2Ku zur Pause.

Der zweite Durchgang sollte den Gastgeberinnen zunächst einen vermeintlichen Vorteil bescheren. Der Griff ins Gesicht von SG-Torjägerin Lea Neubrander durch die in dieser Saison treffsicherste Bremerin, Elaine Rode, ahndeten die Unparteiischen beim Stande von 18:19 mit einer roten Karte. Diese Hinausstellung schien aber nur den SV Werder selbst zu beflügeln. Anders ist der Zwischenspurt der Gäste zum 18:22 nicht zu erklären. Es war eine Phase, in der die Kuties weit mehr für ihre Tore investieren mussten als der Gegner. Trainer Christensen hatte allerdings für die letzte Viertelstunde noch einige taktische Finessen im Köcher. Mit einer von H2Ku eher selten praktizierten 5:1 Deckungsvariante, die in der Crunchtime auf ein noch offensiveres 4:2 umgestellt wurde, sollte die Wende im Spiel her. Dieses praktizierte Mittel nahm den Bremerinnen in der Schlussphase tatsächlich den Spielfluss, auf den ersten Blick konnte der Gäu-Club aber kein Kapital daraus schlagen. 24:28 stand es sechs Minuten vor dem Ende, das Spiel scheinbar entschieden: Was dann kam, fasste Hans Christensen später mit Mut, Wille und Charakter zusammen.

Obwohl der Tabellenvorletzte in diesen sechs Schlussminuten unfassbare drei Strafwürfe vergab, wurde Werder Bremen tatsächlich noch in die Knie gezwungen. Lea Neubrander blieb es schließlich vorbehalten, fünfzehn Sekunden vor dem Ende auf 28:28 zu stellen. Unter dem Jubel der 300 Zuschauer konnte die insgesamt starke Laura Waldenmaier den letzten Wurf von Anna Lena Bergmann parieren und das letztlich verdiente Remis sichern.

SG H2Ku: Waldenmaier, Lachmann, Azemi; Schoeneberg (6/davon 2 Siebenmeter), Bühler (1), Graebling (2), Bessert, Slawitsch (1), Neubrander (9/3), Beddies (7), Luber, Kreibich, Griesser (2), Becirovic

Peter Gebhardt